URUGUAY: Mythos Mujica

Ex-Guerillakämpfer, Ex-Häftling, aktueller Staatspräsident – und zukünftiger Friedensnobelpreisträger? Uruguays Präsident José Mujica, derzeit auf Staatsbesuch in Washington, könnte bald geehrt werden. Ein Porträt.
Schon zu Lebzeiten eine Legende: José Mujica, der uruguayische Staatspräsident, wird derzeit als Kandidat für den Friedensnobelpreis gehandelt. Er wurde vom „Time Magazine“ unter die 100 einflussreichsten Menschen der Welt gewählt. Sein Verdienst: eine revolutionäre Politik.

 

 Porträt von Uruguays Präsidenten José Mujica (Foto: Reuters)
 Porträt von Uruguays Präsidenten José Mujica (Foto: Reuters)

Bereits zum Amtsantritt 2010 überraschte der am 20. Mai 1935 geborene ehemalige Guerillakämpfer. Er ging nicht auf Konfrontationskurs mit dem Militär, sondern suchte den Dialog. Dies, obwohl „Pepe“ – so wird er umgangssprachlich genannt – 13 Jahre, von 1972 bis 1985, zu Zeiten der Militärherrschaft im Gefängnis verbrachte. Auch seine Ehefrau, Lucia Topolansky, ist eine ehemalige Kämpferin der „Tupamaros“, jener Stadtguerilla, die in Deutschland der Rote-Armee-Fraktion als Vorbild diente. Topolansky ist heute Senatorin in Uruguay.

Der Staat als Dealer

2010 – 25 Jahre nach seiner Haftentlassung – wurde Mujica zum Staatspräsidenten Uruguays gewählt. Mit ihm setzte eine Phase liberaler Reformen ein: Unter seiner Regierung wurde die Abtreibung legalisiert, die gleichgeschlechtliche Partnerschaft offiziell eingeführt und Anbau, Handel und Konsum von Marihuana wurden legalisiert – kontroverse Themen die sowohl Bewunderung hervorriefen als auch für Irritationen sorgten.
„The Economist“ wählte das Drei-Millionen-Einwohner-Land Uruguay 2013 auf Grund dieser „bahnbrechenden Reformen“ zum Land des Jahres. Reformen, so das Magazin, von der die Welt profitieren könnte.

Direkt, direkter, Mujica…


Und ganz bescheiden im Hintergrund: Pepe. Mujica lebt am Stadtrand von Uruguays Hauptstadt Montevideo in ärmlichen Verhältnissen, verzichtete auf einen Umzug in den Amtssitz. Er fährt einen alten VW Käfer und spendet monatlich 90 Prozent seines Gehalts an soziale Einrichtungen. All das macht die „Faszination Mujica“ aus. Bereits im Vorfeld seines Staatsbesuchs in Washington erklärte Barack Obama, sich sehr auf seinen Gast zu freuen. Eine seltene Ehre.

Die USA haben Uruguay gebeten, Guantanamo-Häftlinge aufzunehmen. Mujica besteht aber darauf, dass diese in Uruguay in Freiheit leben. Und noch ein heikles Thema: Auch für den Tabak-Riesen Philip Morris, der gegen Uruguay und seine strengen Anti-Tabak-Regelungen klagt, fand Mujica deutliche Worte beim Treffen mit Obama: „Es ist schlimmer als der Erste und der Zweite Weltkrieg. Es ist Mord. Wir befinden uns in einem Kampf, einem anstrengenden Kampf. Wir müssen uns gegen sehr starke Interessen durchsetzen.“ Deutlich, direkt und ruhig. Aber bestimmt. So ist er.

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