Buenos Aires. Das Nationale Menschenrechtssekretariat von Argentinien hat in dieser Woche neue Zahlen veröffentlicht, welche die bisherigen Opferzahlen Verschwundener und Getöteter während der Militärdiktatur deutlich geringer ansetzen. War bisher offiziell anerkannt worden, dass um die 30.000 Menschen Opfer der Diktatur wurden, liegen die neuen Zahlen nur noch bei etwa 8.500. Dies hat bei Menschenrechtsorganisationen große Empörung hervorgerufen.
Rund um das politische Lager von Präsident Mauricio Macri gab es in jüngerer Vergangenheit bereits immer wieder Versuche, die bisherigen Opferzahlen anzuzweifeln und die Geschehnisse zu Zeiten der Diktatur zu relativieren. Zunächst hatte der Journalist und ehemalige Kulturminister von Buenos Aires, Darío Lopérfido, die Zahl von 30.000 öffentlich in Frage gestellt. Dem folgte ein Aufmerksamkeit erregendes öffentliches Anzweifeln durch Präsident Macri während eines Interviews: Er habe „keine Ahnung, ob es neuntausend oder dreißigtausend waren“, dies sei „eine Debatte, die keinen Sinn hat“.
Der jetzt veröffentlichte Bericht wurde auf Nachfrage der Nichtregierungsorganisation Ciudadanos Libres, die ebenfalls dem Macri-Lager nahesteht, angefertigt. Das Einheitliche Register für Opfer des Staatsterrorismus (RUVTE), das dem Justizministerium untersteht, stellt darin fest, dass während der Jahre 1973 bis 1983 insgesamt 8.571 Menschen Opfer von Staatsterrorismus wurden. 1.561 Menschen seien umgebracht worden und 7.010 verschwunden. Das Sekretariat betonte, dass auch diese Zahlen als vorläufig betrachten werden müssten. Kämen neue, bisher unbekannte Fälle hinzu, könnten sie auch wieder nach oben korrigiert werden.
Von Jonatan Pfeifenberger
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