Drei Deutsche in Chile wegen Mitschuld an Foltersiedlung Colonia Dignidad verurteilt

Santiago de Chile. In Chile hat der Oberste Gerichtshof fünf Personen wegen ihrer Führungsrolle in der deutschen Foltersiedlung Colonia Dignidad in letzter Instanz verurteilt. Die Männer – drei deutsche Staatsbürger und zwei Chilenen – wurden der Bildung einer kriminellen Vereinigung für schuldig befunden. Die Richter erhöhten das zuvor von einem Berufungsgericht festgelegte Strafmaß für Kurt Schnellenkamp, Gerhard Mücke und Karl van den Berg um je ein Jahr auf nun fünf Jahre und einen Tag Haft. Ebenso entschied das Gericht in den Fällen von zwei ehemaligen Agenten des chilenischen Geheimdienstes DINA, Fernando Gómez und Pedro Espinoza. Vier Beschuldigte wurden freigesprochen. Das Urteil erfolgte siebzehn Jahre nach dem Einreichen einer Strafanzeige wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, es kann nicht angefochten werden.

 

Opfer der Colonia Dignidad bei einer Anhörung im Bundestag Anfang 2015
Opfer der Colonia Dignidad bei einer Anhörung im Bundestag Anfang 2015 QUELLE: FRAKTION DIE LINKE. IM BUNDESTAG FOLGEN LIZENZ: CC BY 2.0

Nach Einschätzung des in Berlin ansässigen Forschungs- und Dokumentationszentrums Chile Lateinamerika (FDCL) wird nun Karl van den Berg – ehemaliges Führungsmitglied der Colonia Dignidad und holländischer Staatsbürger – seine Haftstrafe im Gefängnis von Cauquenes antreten müssen. Dort befinden sich die nun mit ihm verurteilten Straftäter Kurt Schnellenkamp und Gerhard Mücke bereits in Haft. Sie wurden im Jahr 2013 wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch inhaftiert. Auch die nun verurteilten DINA-Agenten Pedro Espinoza Bravo und Fernando Gomez Segovia befinden sich bereits in Haft. Sie sitzen im Sondergefängnis für Militärs Punta Peuco in Santiago ein.

Ursprünglich hatte Richter Jorge Zepeda im April 2006 achtzehn Personen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt. Darunter waren 14 Bewohner der Colonia Dignidad und vier Führungsmitglieder der DINA. Während der langen Verfahrensdauer verstarben sechs der Angeklagten. Drei entzogen sich dem Verfahren durch Flucht nach Deutschland (Hartmut Hopp, Hans Jürgen Riesland und Albert Schreiber, letzterer inzwischen verstorben). Der ehemalige DINA-Agent Armando Fernández Larios lebt heute in einem Zeugenschutzprogramm in den USA.

„Das gestrige letztinstanzliche Urteil belegt eindeutig und juristisch unanfechtbar was schon seit vielen Jahren bekannt ist: Führungsmitglieder der Colonia Dignidad bildeten gemeinsam mit Agenten des chilenischen Geheimdienstes DINA sowie weiteren Personen eine kriminelle Vereinigung, die hierarchisch organisiert war und jahrzehntelang systematisch geplante Verbrechen beging“, schreibt das FDCL. Zu diesen Verbrechen habe das Entführen, Foltern und Ermorden von Gegnern der chilenischen Militärdiktatur gehört, die Herstellung von und der Handel mit Kriegswaffen, das Ruhigstellen von Sektenmitgliedern durch Psychopharmaka und Elektroschocks (schwere Körperverletzung) und der sexuelle Missbrauch.

Von Harald Neuber
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