Wahlen: Uruguay geht auf Nummer sicher

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Aller guten Dinge sind drei: Bei den Wahlen am 30. November wird vermutlich das Linksbündnis „Frente Amplio“ zum dritten Mal siegen. Tabaré Vasquez, Vorgänger von Präsident Mujica, könnte erneut in Montevideo regieren.

Tabaré Vásquez ist für seine Landsleute kein Unbekannter: Als Vertreter der „Frente Amplio“ regierte er bereits zwischen 2005 und 2010 in Montevideo. Die Wähler scheinen seine Regierungszeit in guter Erinnerung zu haben: Laut Umfragen beträgt der Vorsprung von Vásquez bei den Präsidentschaftswahlen gegenüber seinen Herausforderern dreizehn bis fünfzehn Prozent.
Vor einem Monat, beim ersten Wahlgang am 26. Oktober, hatten die Demoskopen noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der „Frente Amplio“ und den beiden anderen traditionellen Parteien vorausgesagt. Eine Falschprognose: 48 Prozent der abgegebenen Stimmen gingen an die „Frente Amplio“, 31 Prozent an die „Partido Nacional“ (konservativ) und 13 Prozent an die „Partido Colorado“ (reformorientiert).

Wenn Vázquez am Sonntag zum Präsidenten gewählt wird, kann er komfortabel regieren. Denn er verfügt sowohl im Abgeordnetenhaus als auch im Senat über eine absolute Mehrheit. In der Abgeordnetenkammer haben die Vertreter der „Frente“ bereits die Mehrheit nach dem ersten Wahlgang errungen. Im Senat fehlt dafür noch eine Stimme: die des Senats-Präsidenten.

Linkes Führungsteam: Favorit Tabaré Vázquez und sein Vize Raul Sendic

Der Präsident des Senats übt in Uruguay zugleich das Amt des Vizepräsidenten aus. Seine Stimme ist der „Frente Amplio“ somit sicher, schließlich wird der Vizepräsident zusammen mit dem Präsidenten gewählt. Mit der vermutlich erneuten Regierungsbildung schreibt das Linksbündnis in Uruguay Geschichte: es wäre das erste Mal seit 60 Jahren, dass eine politische Kraft drei Mal hintereinander die Wahlen gewinnt.

Herausforderer ohne Hoffnung

Schwerer Stand: Der Wahlkampf von
Herausforderer Luis Lacalle war mühsam

Auch Luis Alberto Lacalle Pou, Gegenkandidat der „Partido Nacional“, stammt aus einer politischen Familie. Sein Vater, Präsident Luis Alberto Lacalle, regierte das Land von 1990 bis 1995. Doch nach dem ersten Wahlgang am 26. Oktober scheint er nicht mehr so recht daran zu glauben, noch zum Präsidenten gewählt zu werden, auch nicht mit der Unterstützung der „Colorado“-Partei. Sein Endspurt mit halber Kraft lässt erahnen, dass er wenige Tage vor der Entscheidung die Hoffnung auf einen Sieg aufgegeben hat.
Der Colorado-Kandidat Pedro Bordaberry, Sohn von Juan María Bordaberry, der von 1972 bis 1976 Staatspräsident und Diktator Uruguays war, hatte im ersten Wahlgang bewusst nicht mit seinem Familiennamen geworben. Nur „Pedro“ war groß auf allen Plakaten zu lesen. Geholfen hat das wenig. Ein erhofftes Ergebnis um die 20 Prozent war bei weitem nicht möglich. Nach der Niederlage entschloss er sich dazu, im zweiten Wahlgang den Kandidaten Lacalle zu unterstützen.

Die Wirtschaft ist entscheidend

Eine Wachablösung wird also höchstwahrscheinlich ausbleiben. Ein Zufall ist das nicht. Zu gut sind die Wirtschaftseckdaten des – eingekeilt zwischen Argentinien und Brasilien – relativ kleinen Landes: 94 Prozent der 3,6 Millionen Uruguayer beschreibt die eigene wirtschaftliche Situation als gut oder zumindest nicht schlecht. Zwei von drei rechnen damit, dass sie nächstes Jahr sogar noch besser wird.
In den letzten vier Jahren ist das Bruttoinlandsprodukt im Schnitt um 5,5 Prozent jährlich gewachsen, die Armut sank von 34 Prozent (2006) auf 11,5 Prozent (2013) und die Arbeitslosigkeit ging auf ein historisches Minimum zurück (sechsProzent). Die ausländischen Investitionen nehmen kontinuierlich zu, und die nur selten aufgelegten Staatspapiere finden schnell Abnehmer.
Die Regierung hat es zudem geschafft, das Land wirtschaftlich von den großen Nachbarländern abzukoppeln, sodass Wohl und Wehe Uruguays nicht mehr komplett von der Situation in Argentinien und Brasilien abhängt. Dass nicht alle Uruguayer mit der Cannabis-Freigabe, der Liberalisierung der Abtreibung und der Homo-Ehe glücklich sind, scheint der Popularität der „Frente Amplio“ nicht zu schaden. Staatschef José Mujica gilt als einer der beliebtesten Präsidenten weltweit.

Joint gefällig? Straßenhändler in Montevideo
verkaufen nach der Legalisierung von Marihuana
(Foto: REUTERS/ Andres Stapff)

Links, liberal und sozial

So ist es nicht verwunderlich, dass die Opposition keine überzeugenden eigenen Projekte vorstellen konnte. Punktuelle Verbesserungsvorschläge reichen selten, um die Mehrheit der Wähler für einen politischen Wandel – welcher Art auch immer – zu gewinnen. Erst recht nicht in solch einer Situation: eine Regierung mit liberalem Wirtschaftskonzept und sozialen Komponenten ist schwer angreifbar, besonders wenn sie erfolgreich ist.
Doch auch das Linksbündnis wird sich nicht auf den Erfolgen der vergangenen zehn Jahre ausruhen können. „Die Wähler sind anspruchsvoller geworden, das konnte man zuletzt auch in Chile beobachten“, schreibt die spanische Zeitung „El País“. „Die Leute lassen sich nicht mehr mit leeren Versprechungen abspeisen“.
Bei Uruguays Präsident José Mujica liegt die Schwachstelle laut „El País“ im Bereich Bildung. Er sei 2010 mit dem Wahlslogan „Bildung, Bildung, und noch mehr Bildung“ angetreten. Ausgerechnet während Mujica’s Amtszeit gab es aber kaum Fortschritte. So belegte Uruguay in der PISA-Studie 2012 Platz 55 von insgesamt 60 untersuchten Ländern, das bisher schlechteste Ergebnis des Landes.

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