Präsidentin von Brasilien vorläufig suspendiert

Senat stimmt für Absetzung von Rousseff. Vize-Präsident Michel Temer übernimmt Führung des Landes. Polizeigewalt gegen Unterstützer der Präsidentin

Brasília. Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff hat die Abstimmung im Senat verloren. 55 Senatoren stimmten nach einer Mammut-Sitzung heute früh für eine vorläufige Suspendierung, 22 dagegen. Vize-Präsident Michel Temer übernimmt nun vorerst die Führung des Landes.

Tausende Regierungsanhänger protestierten gegen den „parlamentarischen Putsch“
QUELLE: TWITTER.COM


15 Minuten Redezeit für jeden Senator hatte Senatspräsident Renán Calheiros (PMDB) am Mittwoch beschlossen. Nach deren Ablauf schaltete sich das Mikrophon automatisch ab. Auf der Rednerliste waren auch der bekannte Ex-Fußballer Romário von der Sozialistischen Partei (PSB), der Dilmas Präsidentschaft kritisierte, sowie Verbündete Rousseffs, wie ihre ehemalige Kulturministerin Marta Suplicy (PT) aus São Paulo.

Mit der vorläufigen Absetzung der Präsidentin der linksgerichteten Arbeiterpartei (PT) ist nun der Weg geebnet für eine eingehende juristische Prüfung aller Vorwürfe durch den Obersten Gerichtshof. Innerhalb von 180 Tagen muss der Oberste Gerichtshof feststellen, ob ausreichend Beweise für ein strafbares Handeln vorliegen oder nicht. Für die endgültige Amtsenthebung der Präsidentin ist dann eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat erforderlich.

Das Verfahren gegen Rousseff wird nicht mit Korruptionsvorwürfen begründet, sondern vor allem mit Bilanz-Tricksereien im Staatshaushalt. Die Regierung soll ohne Zustimmung des Parlaments Gelder staatlicher Banken genutzt haben, um Defizite im Haushaltsbudget zu überbrücken und sie dadurch zu verschleiern. Das Absetzungsverfahren wird entsprechend mit Verstößen gegen das Haushaltsrecht begründet.

Die 68-jährige Dilma Rousseff hält dagegen, dass Vorgängerregierungen genauso gehandelt hätten, ohne dafür kriminalisiert zu werden. Die Vorwürfe der Konservativen hält sie für ungerechtfertigt und spricht von einem „Putsch“. Sie sagte am Dienstag bei einer Konferenz zur Frauenpolitik in Brasília: „Ich werde mit aller Kraft kämpfen. Der letzte Tag meines Mandats ist der 31. Dezember 2018“.

Vize-Präsident Michel Temer übernimmt ab sofort die Amtsgeschäfte. Rousseffs Rivale gilt im Volk als Verräter. Der 75-jährige Vorsitzende der rechtsliberalen PMDB-Partei hat im März die Koalition mit der Arbeiterpartei verlassen. Temer plant Kürzungen bei den Sozialprogrammen der PT. Schon vor der Machtübernahme fordern 60 Prozent der Brasilianer seinen Rücktritt.

Von Eva von Steinburg
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